HALL OF BRAIN
Jena, 2019
»Der (un)perfekte Mensch«
Binderburg, Jena
The monument series VIA TRIUMPHALIS at the Fürstengraben in Jena goes back to an idea from the 19th century. With curiosity and also ambivalent feelings, I look at the culture of remembrance of Jena’s honorary citizens and scholars of the pre-war years in the city’s public space. I look on the Internet for persons I don’t know and their merits and whether they are still worthy of the honor today. In the 18th century, Jena advanced to become the birthplace of German Idealism and early Romanticism and also established itself beyond Germany as a Mecca of philosophy. However, my ambivalence remains and I rub myself against fraternities and anti-Semitic attitudes alongside the innovative thinkers of their time.
The „most striking thing about monuments“ is „that you don’t notice them,“ wrote Robert Musil in his „Nachlass zu Lebzeit“ (1936) I rub and scrape shiny CDs on the stones, bodies and noses. Having become unusable as a storage medium, I use the round discs as a printing plate and carve brains, plastinated human brains of the deceased, organic forms and structures into them in the Anatomical Institute. In print they look like ghosts, good or bad. I think about monuments and culture of remembrance in public space and how they behave in urban coexistence and in intellectual dialogue and whether they are no longer seen or are waiting to be revived. The fact that they are still there makes them present as a storage medium and mute as a counterpart.
Die Denkmäler-Reihe VIA TRIUMPHALIS am Fürstengraben in Jena geht auf eine Idee aus dem 19. Jahrhundert zurück. Mit Neugier und auch ambivalenten Gefühlen betrachte ich die Erinnerungskultur der Jenaer Ehrenbürger und Gelehrten der Vorkriegsjahre im öffentlichen Raum der Stadt. Ich schaue im Internet nach den mir unbekannten Personen und ihren Verdiensten und ob sie noch heute der Ehre würdig sind. Jena avancierte im 18. Jahrhundert zum Entstehungsort des Deutschen Idealismus und der Frühromantik und etablierte sich auch über Deutschland hinaus als Mekka der Philosophie. Meine Ambivalenz bleibt jedoch und ich reibe mich an Burschenschaften und antisemitischen Geisteshaltungen neben den innovativen Denkern ihrer Zeit.
Das „Auffallendste an Denkmälern“ sei, „daß man sie nicht bemerkt.“ schrieb Robert Musil in seinem „Nachlaß zu Lebzeiten“ (1936) Ich reibe und schabe glänzende CDs an den Steinen, Körpern und Nasen. Unbrauchbar geworden als Speichermedium, nutze ich die runden Scheiben als Druckplatte und ritze im Anatomischen Institut Hirne hinein, plastinierte Menschenhirne Verstorbener, organische Formen und Strukturen. Gedruckt sehen sie wie Geister aus, gut oder böse. Ich denke über Denkmäler und Erinnerungskultur im öffentlichen Raum nach und wie sie sich verhalten im urbanen Miteinander und im geistigen Dialog und ob sie gar nicht mehr gesehen werden, oder auf Wiederbelebung warten. Dass sie noch da sind, macht sie anwesend als Speichermedium und stumm im Gegenüber.
